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Meinungsdiktatur und Verunglimpfung

der Brief des Herrn Fritz Schenk an Frau Dr. Merkel

 

Nachfolgend im Wortlaut der Brief von Herrn Fritz Schenk an CDU-Chefin Frau Dr. Angela Merkel, wie er auf den Seiten www.kritische-solidaritaet.de im internet wiedergegeben wurde:

 

Fritz Schenk


Fax an
Die Vorsitzende der CDU
Frau Dr. Angela Merkel
B e r l i n
Konrad-Adenauer-Haus

 

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

bestürzt über die für mein politisches Verstehen völlig überzogene Reaktion auf die Rede des Abgeordneten Hohmann vom 3. Oktober wende ich mich an Sie. Ich tue dies als Staatsbürger und CDU-Mitglied, weil ich mich von den Vorwürfen und den angedrohten innerparteilichen Verfahren gegen Herrn Hohmann selber angegriffen fühle. Daher dies zur Begründung:

Vor allem betrachte ich mich als "Produkt" meiner Erziehung, meines familiären und gesellschaftspolitischen Umfeldes und meines politischen Werdegangs. Dies prägten fast ausschließlich Christen und Juden, die sowohl den braunen wie den roten Terror bekämpft und (zum größten Teil mit erheblichen "Blessuren") überlebt hatten.

Daraus erwuchsen mein politische Engagement im Sinne der Verfassung des freien Deutschlands und das Interesse an der forschenden Vertiefung meiner Kenntnisse über den Totalitarismus jedweder Färbung. Bezogen auf den Nationalsozialismus und die Einordnung seiner Verbrechen gilt für mich dies:

Erstens: Ich fühle mich weder als "Täter" noch als "Schuldiger", was allein schon wegen meines Alters (Jahrgang 1930) absurd wäre. Noch weniger kann ich das für meine Kinder und Enkel gelten lassen. Ich weiß aber auch, dass sowohl meine Eltern wie Großeltern, meine Frau wie meine Schwiegereltern, in keiner Weise mit "schuldhaftem" Verhalten im NS-Regime in Verbindung gebracht werden können. Meine kürzeste Formel zu Nazismus und Stalinismus tautet: Die Nazis haben meinen Vater "nur" unmenschlich misshandelt, die Kommunisten haben ihn mit 59 Jahren umgebracht. Meinem Werdegang ist zuzuschreiben, dass meine ältesten und engsten politischen Freunde Juden sind. Daher betrachte ich es als persönliche Diffamierung, wollte man mich als "Antisemiten" abstempeln.

Zweitens: Ich vertrete voll und ganz den Standpunkt des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuß, welcher von den Repräsentanten der ersten Generation unserer parlamentarischen Vertreter (Adenauer, Schumacher, Dehler) geteilt wurde, dass unserem Volk keine "Kollektivschuld" angelastet werden kann, dass es aber gleichwohl eine kollektive Verantwortung und materielle Haftung für die in deutschem Namen begangenen Verbrechen (und diese waren es, ich verwahre mich gegen die eher verharmlosende Vokabel "Unrecht") wahrzunehmen hat.

Drittens: Diese Verantwortung empfinde ich ganz besonders gegenüber den Juden und dem Staat Israel. Ich halte es jedoch für verlogen und entwürdigend, wenn diese auch heute fast nur noch aus Begründungen von "historischer Schuld" und der daraus abgeleiteten (eher lästigen) "Pflicht zur Wiedergutmachung" erwachsen soll. Meine Solidarität mit Israel gründet gerade in der jetzigen Situation auf der Erkenntnis, dass dieser Staat und sein Volk unsere größtmögliche Solidarität und Unterstützung brauchen, verdienen und erhalten sollten, weil sie der demokratisch-rechtsstaatliche Vorposten unseres Kulturkreises in einem feindlichen Umfeld sind, die deshalb auch nach wie vor tagtäglich in ihrer nackten Lebensexistenz aktiv bedroht werden. Daher wird nicht zuviel, sondern eher zuwenig für die Unterstützung der Juden getan. Nur wenn wir meiner Generation und der noch jüngeren diese rationale politische Erkenntnis vermitteln und von der längst zum Klischee gewordenen "Schuld"-these (unterschwellig nach dem Motto: Wir müssen ja, wollen es eigentlich aber gar nicht) Abstand nehmen, ist nach meiner tiefen Überzeugung das dringend notwendige Verständnis für unsere Israel-Hilfe zu bekommen und zu erhalten. Das wiederum ist nach meiner ebenfalls tiefsten Überzeugung der sicherste Schutz vor einem Wiederaufleben von Antisemitismus.

Viertens: Aus meiner oben zitierten Herkunft steht die Einhaltung der in unserer Verfassung verbrieften Bürgerrechte an oberster Stelle, wozu nicht zuletzt die Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit gehören. Auch wenn ich viele Meinungen (vor allem von den Rändern des politischen Spektrums – rechts/ links/grün) absolut nicht teile, werde ich immer dafür eintreten, dass sie geäußert werden dürfen. Da bin ich nun einmal zu sehr geprägt von meiner Familie, den eigenen bitteren Erfahrungen in den zwei furchtbaren, unmenschlichen Despotien und der langjährigen Zusammenarbeit mit meinem engsten Freund Gerhard Löwenthal, dessen oft zitierten Spruch ich mir zu meinem eigenen gemacht habe: "Wer Angst hat, sich die Zunge zu verbrennen, leistet denen Vorschub, die dereinst befehlen, sie ihm herauszureißen".

Fünftens: Das Vorgehen gegen Martin Hohmann unter der Beschuldigung des Antisemitismus bedeutet für mich (bewusst überpointiert und provozierend ausgedrückt) den späten Sieg von Stalin und Hitler, von Berija und Himmler, von Wyschinski und Freisler, vor allem aber von Suslow und Goebbels, weil gerade diese durch Verdrehung jedweden Sinnes der Sprache ins Gegenteil "die Lüge zum Prinzip" (Karl Jaspers) erhoben hatten, was die Voraussetzung für die intellektuelle Unterwerfung der Bürger ist, um sie zu willfährigen Untergebenen, Duckmäusern oder schweigenden Anpassern einer selbsternannten "political correctness" und ihres Systems zu machen.

Sechstens: Wenn Meinungen wie die von Martin Hohmann auch in der CDU als "rechtsradikal" und "antisemitisch" qualifiziert werden, und er für diese Partei nicht mehr tragbar sein sollte, könnte auch ich nicht mehr Mitglied der Union sein. Das hieße für mich die Rückkehr in die "innere Emigration", was auch den Austritt aus allen humanitären, karitativen und kulturellen Organisationen, die Rückgabe aller Ehrenämter und Auszeichnungen und die Abwendung vom gesellschaftlichen Leben unseres Landes schlechthin bedeuten würde, wie das in meiner Familie während des NS-Regimes und nach Vollendung des Stalinismus in der DDR der Fall gewesen war. Dies geschähe dann zum zweitenmal seit Kriegsende. Denn in den 70er und 80er Jahren waren Gerhard Löwenthal und ich "ausgegrenzt", wurden wegen unserer Anti-Haltung zum sogenannten "realen Sozialismus", der damaligen Ost- und Deutschlandpolitik und der Unterstützung der Freiheits- und Menschenrechtsbewegung im sowjetischen Machtbereich persönlich bedroht und konnten zum Beispiel das "ZDF Magazin" mehr als ein Dutzend Mal nur unter bewaffnetem Schutz durch die Sicherungsgruppe des Bundeskriminalamtes senden. Es ist (und war es für meinen Freund Gerhard Löwenthal bis zu seinem Tode vor einem Jahr) ohnehin nur schwer zu verdauen, jetzt Leute in Regierung und Parlament zu erleben, vor denen wir uns damals schützen lassen mussten. Und dennoch respektieren wir die durch freien Wählerentscheid geschaffenen Realitäten.

Siebtens: "Ganz und gar unerträglich" (wie die Äußerungen Hohmanns auch von der Führung der Union bezeichnet wurden) ist für mich die Verdrehung seiner Kernaussage, dass nämlich weder die Deutschen noch die Juden ein "Tätervolk" seien und als solches bezeichnet werden können. Alles in seiner Rede dieser Aussage Vorangestellte sind mit Quellen belegte Zitate, die gerade für den Kommunismuskenner nichts Neues enthalten. Ohne Scham, ohne Skrupel, und vor allem ohne Kritik durch die entsprechenden Aufsichtsgremien der Vertreter von Parteien und gesellschaftlichen Organisationen in den mit Zwangsgeldern finanzierten öffentlichrechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten wird in den Nachrichtensendungen gesagt, dass Hohmann die Juden als "Tätervolk" bezeichnet habe, was seine Aussage in ihr Gegenteil verkehrt. Das ist Rechtsbruch, denn nach den einschlägigen Staatsverträgen sind diese zur wahrheitsgemäßen Wiedergabe von Sachverhalten und zur objektiven Darstellung von Tatsachen und der Wirklichkeit verpflichtet. Wenn die Parteien (die Union eingeschlossen) sich selber zu Fürsprechern solch wahrheitswidriger "Nachrichten" machen, hören sie auf, noch Träger der demokratischen Willensbildung und Sachwalter unserer grundgesetzlichen Rechtsordnung zu sein. Dann scheiden sie für mich zur aktiven Teilnahme am politischen Gestaltungsprozess aus, sind für mich auch nicht mehr wählbar, und schon gar nicht kann ich sie und ihre nachgeordneten Einrichtungen noch unterstützen.

Achtens: Als geradezu aberwitzig und in höchstem Maße verlogen empfinde ich den Vorwurf des "Antisemitismus" gegen Hohmann. Er wurde zudem in den Nachrichten am gleichen Abend erhoben, als nur Minuten später auf dem gleichen Fernsehkanal Karl Marx unter die "100 größten Deutschen" aller Zeiten eingereiht wurde. Dabei ist gerade er eine der wesentlichen Schlüsselfiguren des Antisemitismus der neueren Geschichte. Gleich im ersten Band der "Marx Engels Werke" (S.372), in seinem entsetzlichen Pamphlet "Zur Judenfrage", stehen diese Sätze: "Suchen wir das Geheimnis des Juden nicht in seiner Religion, sondern suchen wir das Geheimnis der Religion im wirklichen Juden. Welches ist der weltliche Grund des Judentums? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld." (Heraushebungen im Original)...und so wiederholt sich das ständig. Bösartig tituliert er Ferdinand Lassalle, den Gründer der Sozialdemokratie, in seinen Briefen an Friedrich Engels (ebenfalls in den "Werken..." nachzulesen) immer wieder mit "der jüdische Nigger Lassalle", was nicht nur antisemitisch, sondern auch noch rassistisch ist. Solange diese (Mach-)"Werke" zum deutschen "Wissenschafts- und Kulturerbe" gezählt werden und die SPD an Marx und Engels als ihren geistigen Geburtsvätern festhält, ist es pure Heuchelei, sich über die Rede Martin Hohmanns zu empören.

Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

ich habe diesen Brief in großer Sorge um unser demokratisches Gemeinwesen, aber zugleich in der Gewissheit geschrieben, dass Demokratie und Freiheit nicht grundsätzlich gefährdet sind. Dank der weisen Politik der Gründergeneration der Bundesrepublik, des vereinten Europas und der atlantischen Gemeinschaft (welche von denen, die sich heute über die Rede Hohmanns künstlich aufplustern, mit Vehemenz bekämpft worden war) halte ich einen Rückfall in welchen Totalitarismus auch immer für unmöglich. Diese Geschichte, Nazismus und Stalinismus, wiederholen sich nicht. Dies als Schreckgespenst permanent an die Wand zu malen, gehört zu den beschriebenen unlauteren Machenschaften der "political correctness" seit Gründung der Bundesrepublik. Wer sich von ihnen ins Boxhorn treiben lässt, hat bereits einen wesentlichen Teil seiner politischen Unbefangenheit und damit Unabhängigkeit verloren. Die Kampagne gegen Martin Hohmann hat nicht ihm, sondern Ihnen gegolten. Seine Äußerungen sind diesen Kampagnenreitern schnuppe, ihre Aufgebrachtheit ist Polittheater. Ihre Gegner hatten erkannt, dass Sie inzwischen zur gefährlichsten Herausforderung für Gerhard Schröder und das rot-grüne Lager geworden waren. Nun steht nicht mehr die Regierung mit ihrer verhängnisvollen Politik am Pranger, sondern die Union - und das, weil sie in Verkennung der wirklichen Stoßrichtung auf einen Stellvertreterkrieg hereingefallen ist. Es wird außerordentlicher Kraft, neuer Besonnenheit und großer Führungsstärke bedürfen, um das zerschlagene Porzellan wieder zu kitten. Diese wünsche ich Ihnen.

Mit freundlichen Grüßen

 

gez. Fritz Schenk

Frankfurt am Main, 12.11.2003

 

Dieser Brief sagt viel über seinen Schreiber und nach Betrachtung dieser Argumente auch über der traurigen Zustand der CDU sowie der CSU, die an der Hatz auf den eigenen Fraktionsangehörigen teilgenommen haben, sowie über die wenigen, die den Mut aufbrachten ihn zum Teil sehr engagiert zu unterstützen.

Da wir nicht mit allem was in diesem Brief steht und allem was Herr Schenk tut übereinstimmen, haben wir zwar seinen Aufruf unterzeichnet sind aber nie der kritischen Solidarität beigetreten. Sein Engagement und seine klaren Worte muß man aber auf jeden Fall respektieren.

 

 
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