Seit fast genau drei Monaten ist Hannelore Kraft stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD. Wirklich geleistet hat sie in der 4 Jahren als Fraktionsvorsitzende und Oppositionsvorsitzende (seit 2005) und Parteivorsitzende in NRW (2007) nicht und vorher wohl auch nicht wirklich. Daher hat sie nichts zu verlieren, von Befreiungschlägen unter die Gürtellinie des Gegners kann sie also nur profitieren. Sie warf am Sonntag dem erfolgreichen FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle vor "mit billigen Stammtischparolen im braunen Sumpf zu fischen." Auf Grund seines Erfolges ist er in der Regierungskoalition Außenminister.
Frau Kraft, wie alle anderen auch, weiß, daß die CDU immer sofort Selbstzerstörung betreibt, wenn einer von ihnen als Nazi angegriffen wird und die meisten Äußerungen aus der CDU beweisen, daß es auch dieses mal wieder so sein wird. Frau Merkel schweigt erst, wie sie das sonst am Anfang auch getan hat, und wenn der Rufmord komplett ist, wird sie sich zu tiefst betroffen geben, wie „unerträglich“ die Worte ihres Mitstreiters seien. Wobei das Wort "Mitstreiter" falsch ist, da Frau Merkel nie kämpft, sie fällt immer um.
Nur hat man wohl möglich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Westerwelle ist zu intelligent und zu sehr schlachterfahren, um sich ohne Kampf demontieren zu lassen. Und die Kanzlerin braucht ihn, will sie nicht wieder mit der SPD unter die Decke kriechen müssen. Leider werden auf Grund von Westerwelles Intelligenz einige Wähler ihn nicht verstehen und lieber den billigen Parolen von Kraft und den anderen, die uns und unsere Republik kaputt, machen, zustimmen, aber das Risiko muß jeder, der sich nicht auf das Niveau der SPD, Linken und Grünen herablassen will, eben eingehen.
Und troztdem freut es mich, daß es Herrn Westerwelle selbst mal so geht. Er ist nämlich was das Verteidigen von angegriffenen Kollegen betrifft nicht besser als die blaße und machtbesessene Bundeskanzlerin. Er hat in den letzten Tagen verhindert, daß Erika Steinbach weiter an der Wahrwerdung des Zentrums zum Gedenken an das Schicksal der Vertriebenen (im Beirat Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung) teilhaben wird, weil Polen dies unerträglich fand. Frau Steinbach selbst hatte andere Parteikollegen im Stich gelassen. Und so könnte sich der Kreis doch schließen, bis Frau Merkel selbst einmal der Nazi-Keule zum Opfer fallen könnte. Der Vorwurf wäre natürlich absurd, in den anderen Fällen, rückwärts gesehen von Westerwelle an waren sie es auch, aber ich muß sagen, es wär mir eine Freude ... Vielleicht hätte es sogar das Gute, daß man endlich erkennen würde, daß man nicht bedenkenlos andere verunglimpfen kann oder, in der Hoffnung, daß man dadurch selbst verschont wird, zuchauen oder mitmachen kann, wenn an anderen Rufmord begangen wird.